Dieser Themenkomplex beschäftigt viele Frauen: Wenn Niesen und Springen zum Problem wird, wenn Joggen Schwierigkeiten bereitet, wenn die Spazierstrecke nach der Verfügbarkeit von Toiletten ausgesucht wird - dann geht es meistens um Inkontinenz. Über das Thema wird selten bis kaum gesprochen, für viele gehört es zum "Tabu-Bereich". Dank einer Berichterstattung der Saarbrücker Zeitung (Print und online am 24. Mai 2025, zugangsbeschränkt) kann das Klinikum Saarbrücken hier nun ein wenig Aufklärungsarbeit betreiben, um das Tabu-Thema aus der Schweigezone herauszulocken. Das Klinikum selbst hat auf seinem Instagram-Kanal hierzu vor Kurzem auch ein Video veröffentlicht, in der alles rund um Inkontinenz-Beschwerden kurz erklärt wird.
Raus aus der Tabu-Zone
Dass nicht oder nur wenig in der Gesellschaft darüber gesprochen wird, ist eigentlich verwunderlich, denn rund 15 Prozent der Frauen über 20 Jahre leiden daran, manche in einer leichten Form, manche schwerwiegender. Auf dem Winterberg haben sich die Zahl der operativen Eingriffen in diesem Themenfeld in den vergangenen drei Jahren verfünffacht. Prof. Dr. Carolin Spüntrup, Oberärztin in der Frauenklinik auf dem Winterberg, stellt fest, dass sich viele Patientinnen damit abfänden und in dieses "Schicksal" fügten: "Ich höre oft, dass die Frauen denken, es sei normal, beim Niesen Urin zu verlieren oder ständig zur Toilette zu müssen", berichtet sie. Das sei aber mitnichten so. In der Spezialsprechstunde der Urogynäkolgie schaue man deshalb ganz genau hin und beschäftige sich erstmal mit der Krankengeschichte der Frau sowie den Beschwerden, um festzustellen, ob es sich um Inkontinenz oder eine Senkung handelt. Die Urodynamik-Messung gibt dann nochmals genau Aufschluss über den Schweregrad. "Es muss niemand Angst haben, die Untersuchung tut nicht weh", sagt sie. Ziel ist, den Patientinnen zu zeigen, welche Wege sie vielleicht beschwerdefrei(er) machen können.
Operationsmethode "Pektopexie" erstbeschrieben
Und dafür ist Prof. Dr. Carolin Spüntrup prädestiniert: Sie forscht zu diesem Thema seit vielen Jahren und hat einige wissenschaftliche Arbeiten zu dem Thema veröffentlicht - und gemeinsam mit Priv-Doz. Dr. med. Günter K. Noé während ihrer Zeit am Rheinland Klinikum Neuss in Köln die heutige Standardmethode "erstbeschrieben", also erfunden und entwickelt: Heute ist diese so genannte "Pektopexie" die Operationsmethode der Wahl, die bei Beckenbodensenkungen eingesetzt wird, um die Scheide oder den Gebärmutterhals zu fixieren. Auf dem Winterberg ist es somit möglich, von der Person operiert zu werden, die sich diese Methode ausgedacht und implementiert hat.
Drang-Inkontinenz oder Belastungs-Inkontinenz?
Man unterscheidet zwischen Drang-Inkontinenz und Belastungs-Inkontinenz, nicht selten besteht eine Mischform aus beiden. Die Drang-Inkontinenz bewirkt, dass man häufig das (falsche) Gefühl verspürt, zur Toilette zu müssen. Manchmal sind hier Nervenschädigungen an der Blase die Ursache oder ein Bandscheibenvorfall, oft helfen spezielle Trainings, Elektrotherapie oder auch Medikamente. Bei der Belastungs-Inkontinenz funktionieren die Schließmuskel nicht mehr richtig, dies könne beispielsweise nach traumatischen Geburten, durch Adipositas oder in den Wechseljahren auftreten.
In 80 Prozent der Fälle trete aber eine Misch-Inkontinenz auf, berichtet Prof. Dr. Carolin Spüntrup. Ihr ist wichtig, "jeder Patientin die Behandlungsmethode anzubieten, die für sie und ihr Krankheitsbild am besten geeignet ist". Wichtig sei der erste Schritt, nämlich sich dem Frauenarzt oder Frauenärztin anzuvertrauen: "Die Frauen müssen sich nicht mit der eingeschränkten Lebensqualität abfinden." Bei leichten Formen der Inkontinenz oder Senkung helfe manchmal auch schon Beckenbodentraining ziemlich gut oder ein Pessar, ein medizinisches Hilfsmittel aus Silikon, das die Frau alleine einsetzen kann und das Halt gibt. Operative Eingriffe werden oft nötig, wenn Frauen auch an Organsenkungen leiden, die nicht nur schmerzhaft sind, sondern auch ein hygienisches Problem darstellen.
Zur Sprechstunde anmelden - mit Überweisung vom Frauenarzt kommen
Frauen mit den oben beschriebenen Beschwerden sollten dies mit ihrem niedergelassenen Gynäkologen besprechen. Sieht dieser die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung, kann unter 0681 963 2231 ein Termin in der Urogynäkologie-Sprechstunde vereinbart werden. Zum Termin müssen gesetzlich Versicherte eine entsprechende Überweisung mitbringen. Privatpatientinnen benötigen keine Überweisung.
Zum SZ-Artikel über Inkontinenz und Prof. Dr. Carolin Spüntrup geht es hier.