Patient nach schwerem Radunfall und vielen Gesichts-OPs: „Nie mehr Straße“

Pressemitteilung /

Mit hohem Tempo auf dem Rad in ein parkendes Auto: Michael Klein hat überlebt. Heute darf er den Winterberg verlassen.

Dass Michael Klein heute, 19 Tage nach seinem schweren Fahrradunfall, aufrecht und eigenständig aus dem Klinikum Saarbrücken marschiert, überrascht ihn selbst wohl am meisten. Glauben kann er immer noch nicht so recht, was ihm passiert ist – und wieviel Glück er hatte. In der entsprechenden Polizeimeldung fallen die Begriffe "lebensgefährlich verletzt", "aus bislang ungeklärten Gründen" und "es besteht weiterhin Lebensgefahr". 

Versorgung im Traumazentrum auf dem Winterberg

Auch für uns im Team Winterberg ist dieser Fall etwas Besonderes – und zeigt, wie wichtig es ist, in solchen Momenten ein Überregionales Traumazentrum mit allen Funktionalitäten der modernen Notfallmedizin in Reichweite zu haben. Allein an diesem Sonntag wurden innerhalb von einem Tag drei schwere Fahrradunfälle in der Notaufnahme auf dem Winterberg behandelt.

Was war mit unserem Patienten passiert? Vor knapp drei Wochen unternahm der 48-Jährige aus dem Mandelbachtal wie so oft in den vergangenen Jahren eine Rennrad-Tour mit seinen Freunden. Michael Klein ist Sportler durch und durch, braucht täglich eine Sporteinheit. Früher absolvierte er ambitioniert Triathlons, Marathons, sogar zwei Ironmans, er war und ist ein erfahrener Rennradfahrer.

"Plötzlich ging bei mir das Licht aus"

Warum er an diesem Tag mit voller Wucht und hoher Geschwindigkeit frontal in ein (korrekt) parkendes Autos geknallt und die Heckscheibe mit dem Gesicht voran durchschlagen hat, weiß er bis heute nicht. „Es ist alles weg, plötzlich ging bei mir das Licht aus“, sagt er, während er in Zimmer 344 der Klinik für Mund-, Kiefer-Gesichtschirurgie auf dem Winterberg in seinem Bett sitzt und irgendwie alles immer noch nicht fassen kann. Das Foto, das er zeigt und das kurz nach dem Unfall aufgenommen wurde, ist nichts für schwache Nerven. Viel Blut ist zu sehen, viele Brüche zu erahnen. „Da war alles kaputt. Mein Gesicht war einfach nicht mehr da, nichts mehr zu erkennen“, sagt Michael Klein, „ich bin unglaublich dankbar, dass mich die Ärzte hier im Klinikum Saarbrücken wiederherstellen konnten“. 

"Worst case" während der Erstversorgung vor Ort

Unglaublich war auch die Herausforderung an der Unfallstelle für Rettungsdienst und Notarzt bei der Erstversorgung – der Patient hatte, so steht es später im Bericht, ein „Polytrauma mit komplexem offenen Mittelgesichtstrauma“. Bei der Aufzählung der Verletzungen wird einem mulmig: Multiple Frakturen der Schädel- und Gesichtsschädelknochen, Brüche an Ober- und Unterkiefer, Nasenbeintrümmerfraktur, diverse tiefe Risswunden, eine Oberlippenspaltung, die Zunge an gleich mehreren Stellen schwer verletzt, ausgeschlagene Zähne sowie eine offene Halswunde mit starker Blutung.

 

Eine Intubation (Einführung des Beatmungsschlauchs) zur künstlichen Beatmung ist wegen der vielen Verletzungen nicht möglich, der Notarzt muss noch vor Ort einen Luftröhrenschnitt (Koniotomie) machen. Während der Erstversorgung spitzt sich die Situation dramatisch zu, der „worst case“ tritt ein: Michael Klein erleidet einen „hypoxischen Kreislaufstillstand“, sein Kreislauf bricht zusammen, er atmet nicht mehr. Eine fünf Minuten andauernde Reanimation rettet sein Leben und bringt sein Herz wieder zum Schlagen, die künstliche Beatmung funktioniert, so dass er transportfähig ist.

Keine Erinnerung an den Unfalltag

Auf dem Winterberg beginnen die Ärztinnen und Ärzte im Schockraum und direkt im Anschluss die Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen im OP des Klinikums Saarbrücken mit ihrer Arbeit. Nach zwei Wochen Intensivstation, zwei Operationen zur operativen Frakturversorgung und Rekonstruktion in Vollnarkose sowie einem ambulanten Eingriff erinnert Michael Klein sich als erstes an Schläuche, als er zum ersten Mal auf der Intensivstation 10 die Augen aufmacht. „Der Unfalltag ist aus meinem Gehirn gelöscht, auch der Abend davor“, sagt er. Er spricht noch langsam und mühevoll, weil ihn die Schwellungen quälen und er manche Bewegungsabläufe wieder neu lernen muss. Zehn Kilo leichter sei er, auch wenn er auf dem Winterberg mit „Spezialfutter“ (pürierte hochkalorische Nahrung) aufgepäppelt worden sei. Die Narben in seinem Gesicht erzählen die Geschichte seines Unfalls, der ihn um ein Haar das Leben gekostet hat. Aber ein bisschen lächeln kann er auch schon wieder – vor allem, wenn er an zuhause denkt. „Für meine Frau war das ganz schlimm, ein mega Schock“, sagt er. Und die beiden Schäferhunde würden jeden Abend an der Tür endlos warten, dass er heimkomme. Heute hat das Warten ein Ende, es geht nach Hause, seine Frau und die Schäferhunde werden sich freuen.

„Ich bin heute am Leben, weil viele Leute bei meiner Rettung ganz viel richtiggemacht haben. Das bedeutet mir sehr viel. Insbesondere bedanke ich mich bei den Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen, die wirklich alles gegeben haben, um mich wiederherzustellen“, sagt Michael Klein. Für ihn geht es jetzt in die Reha und dann Stück für Stück zurück ins „normale“ Leben.

Karten werden neu gemischt

Aufs Rennrad geht es für ihn hingegen nie mehr, sagt er: „Nie mehr Straße.“ Mountainbike will er weiterhin fahren, beim Rennrad bleibt er eisern: „Vielleicht war das ein Zeichen für mich. Ich mochte die Stimmung gegen Radfahrer im Straßenverkehr noch nie, das ist teilweise erschreckend, was da passiert. Viele Autofahrer sind aggressiv gegen Radfahrer, schneiden uns und bringen uns in gefährliche Situationen, weil sie sich ärgern. Für mich ist damit jetzt Schluss.“ Der Entschluss steht. Er weiß, dass sein Unfall selbstverschuldet war – und auch, wenn er bitter dafür bezahlen musste, sagt er: „Vielleicht war es genau zur richtigen Zeit. Jetzt werden die Karten für mich neu gemischt.“

 

Wir sagen DANKE an Michael, dass er uns das Vertrauen geschenkt hat, uns seine Geschichte zu erzählen. Damit können wir vielleicht anderen Betroffenen Mut machen. Alles Gute wünschen wir und eine schnelle Genesung!

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Nach seinem Radunfall und der Diagnose "Polytrauma mit komplexem offenen Mittelgesichtstrauma“ waren einige Operationen der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgen notwendig. Schritt für Schritt geht es jetzt aufwärts.