Die Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und Plastische Operationen auf dem Winterberg entwickelt sich zu einem Leistungszentrum für Tumorchirurgie im Kopf-Hals-Bereich. Dies zeigt sich an stark steigenden Patienten- und Operationszahlen. Chefarzt PD Dr. Dr. Christian Knipfer leitet die Klinik seit nun über einem Jahr und hat in der Klinik als Schnittstelle von Onkologie, Funktion und Ästhetik einige neue Diagnostik- und Behandlungsmethoden etabliert, etwa die Planung mittels 3D-Technik bei Kiefer- und Gesichtsrekonstruktionen nach Tumor-Eingriffen. Auch, wenn die technischen und operativen Optionen immer feingliedriger werden, appelliert er an Patientinnen und Patienten mit Beschwerden, frühzeitig zur Kontrolle zu gehen: „Je früher wir eingreifen können, desto besser sind die Heilungschancen und desto schonender die Behandlung.“
In Deutschland erkranken jährlich rund 15.000 Menschen neu an bösartigen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Insbesondere in der Mundhöhle betreffen diese Tumore die für jeden Menschen so wichtigen zentralen Funktionen wie Sprechen, Schlucken und Kauen. Obwohl Betroffene existenziell beeinträchtigt sind, findet das onkologische Fachgebiet in der öffentlichen Wahrnehmung kaum Beachtung. Das Klinikum Saarbrücken möchte dies ändern.
Denn auf dem Winterberg hat sich in diesem Bereich in den vergangenen Monaten Entscheidendes getan. Unter Leitung von Chefarzt PD Dr. Dr. Christian Knipfer hat sich das Team der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie auf die Versorgung dieser Patientengruppe spezialisiert. In seinem Fachbereich sind für die Patientinnen und Patienten mehrere Aspekte gleichzeitig wichtig: Dass der Krebs entfernt wird, dass aber gleichzeitig auch die Funktionalität (Kauen, Sprechen) erhalten bleibt sowie die Form des Gesichts und möglichst wenig Narben zurückbleiben. „Manche Operationen retten das Leben durch eine Tumorentfernung. Andere geben es durch eine funktionelle Wiederherstellung zurück. Und es gibt Eingriffe, die beides zugleich leisten müssen“, sagt PD Dr. Dr. Knipfer. Vor etwas mehr als einem Jahr hat er die Leitung der Klinik übernommen, die sich zu einem Leistungszentrum für Tumorchirurgie im Kopf-Hals-Bereich weiterentwickelt – und zu einem Ort, an dem moderne Medizin auf Augenhöhe von und für die Region stattfindet. „Wir möchten den Menschen in unserer Region eine onkologische Versorgung auf Spitzenniveau bieten – und dies genau hier vor ihrer Haustür.“
Starke Steigerung der Behandlungszahlen: Zuweiser vertrauen neuer Struktur
„Im ersten Halbjahr 2025 führten wir bereits so viele komplexe rekonstruktive Eingriffe bei Tumorpatienten wie im gesamten Vorjahr“, berichtet Dr. Knipfer, „die Zahlen spiegeln die steigende Bedeutung des onkologischen Schwerpunktes unserer Klinik für die saarländische Bevölkerung wider und sind ein starkes Signal für das Vertrauen der Zuweiser in die neue Struktur.“ Und weiter: „Wir spüren klar, dass wir als zentraler überregionaler Versorger wahrgenommen werden und setzen alles daran, diesem Anspruch gerecht zu werden – medizinisch, organisatorisch, menschlich.“
Modernste Technik mit dem Ziel: Tumor-Entfernung und Lebensqualität
Dabei ist detailgenaue Planung alles: „Heute operieren wir nicht mehr ins Ungefähre“, erklärt Knipfer, „vor der ersten Schnittführung wissen wir, wie die individuelle Rekonstruktion nach der Tumor-Entfernung funktionell und ästhetisch gelingt.“ Dazu gehört vor allem: Präzision. Auf dem Winterberg wird deshalb modernste Technik eingesetzt.
Die vollständige Tumor-Entfernung aus dem Kiefer- Gesichtsbereich ist der erste Schritt der Behandlung. Danach erfolgt im selben Eingriff der zweite, mindestens ebenso wichtige Schritt: Die Rekonstruktion des Defektes, um die Lebensqualität wiederherzustellen. Dank digitaler 3D-Planung und CAD/CAM-Technik (computer-aided design/manufacturing) werden Titanimplantate und Schablonen hergestellt, die exakt dem zuvor vermessenen Defekt entsprechen. Das ist zum Beispiel nach der Entfernung eines Kiefertumors oder beim Wiederaufbau von Gesichtsknochen der Fall.
Mikrochirurgie trifft digitale Planung
Mikrovaskuläre Transplantate, also eigenes Körpergewebe, kommt dann zeitgleich zum Einsatz, um den Defekt millimetergenau zu rekonstruieren. Das Gewebe kann vom Unterarm, Unterschenkel oder Beckenkamm stammen. Es wird mitsamt den Blutgefäßen verpflanzt und mikrochirurgisch unter dem OP-Mikroskop wieder angeschlossen. Diese Eingriffe gehören inzwischen zum regulären Leistungsspektrum des Maximalversorgers auf dem Winterberg als eines von wenigen nicht-universitären Häusern in Deutschland.
Minimalinvasiv operieren ist immer die liebste Option – wenn möglich
Auch bei kleinen Tumoren und Frühstadien von Mundhöhlenkrebs geht man neue Wege. Bei frühen Mundhöhlen-Karzinomen setzt das Team bereits auf minimalinvasive Verfahren wie die sogenannte Sentinel-Node-Biopsie – dabei werden nur die ersten Lymphknotenstationen in der Nähe des Tumors entfernt. Das Ziel: Maximale Sicherheit bei minimaler Belastung, um Lebensqualität, Funktion und Ästhetik so weit wie möglich zu erhalten. „Die moderne Herausforderung in der heutigen Tumorchirurgie ist, den Eingriff so klein wie möglich, aber so groß wie nötig zu halten. Das gelingt dank digitaler Vorplanung und radiologischer Markierung sowie schablonengeführter Navigation bereits vor wie auch während der OP immer präziser,“ so PD Knipfer.
Technischer Fortschritt ersetzt nicht die Früherkennung
Trotz aller technischen und medizinischen Fortschritte: Entscheidend ist die Früherkennung. Veränderungen der Mundschleimhaut, die nicht abwischbar sind und länger als zwei Wochen anhalten, sollten unbedingt abgeklärt werden. PD Dr. Dr. Knipfer: „Wir haben hier in der Großregion Saarbrücken und im gesamten Saarland sehr fähige niedergelassene zahnärztliche Kolleginnen und Kollegen, an die sich die Patienten als erste Anlaufstelle wenden sollten. Mein Appell: Nicht zu lange warten! Je früher wir eingreifen, desto besser sind die Heilungschancen und desto schonender können wir behandeln.“
Ein Triathlon in weißem Kittel: Schnittstelle von Onkologie, Funktion und Ästhetik
„Als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sowie Plastische Chirurgen sind wir darauf spezialisiert, sowohl onkologisch als auch plastisch-rekonstruktiv zu operieren – im Rahmen desselben Eingriffs. Dies kann schon einmal bis zu zwölf Stunden dauern“, berichtet er. Diese Art von Operation zähle zu den längsten, die in der operativen Medizin durchgeführt werden. Die theoretische Ausbildung beinhaltet das Studium der Humanmedizin sowie im Anschluss das Studium der Zahnmedizin, bevor die Facharztweiterbildung beginnt. Für die praktische Ausbildung in dem Fachgebiet muss man danach mindestens sieben Jahre investieren, bis man eigenverantwortlich diese Art von Eingriffen durchführen kann. Zwei Doktorarbeiten in den jeweiligen genannten Studiengängen sind gefordert, eine Habilitation auf dem Fachgebiet wie bei PD Knipfer ist Ausnahme und Auszeichnung zugleich.
„Es ist ein Marathon mit Zwischenetappen oder besser: ein medizinischer Triathlon“, sagt PD Knipfer. Aber es ist der einzige Weg, an der Schnittstelle von Onkologie, Funktion und Ästhetik chirurgisch verantwortungsvoll handeln zu können.“