Anneliese Beck aus Saarbrücken ist 85 Jahre alt, Mutter von sieben Kindern und eine echte Kämpferin. Sie entschied sich bewusst für einen hochkomplexen Eingriff und war somit die erste Patientin im Klinikum Saarbrücken, bei der ein kompletter endovaskulärer Aortenbogenersatz durchgeführt wurde. Der Einsatz dieses modernen Verfahrens im dreifach zertifizierten Gefäßzentrum unter der Leitung von Chefarzt Dr. Michael Steffen steht exemplarisch für die hohe medizinische Expertise und die gelebte Teamarbeit im Klinikum Saarbrücken.
Wenn Anneliese Beck mit ihrem Rollator durch die Straßen des Saarbrücker Stadtteils Rastpfuhl spaziert, grüßt sie viele Nachbarn mit einem Lächeln. Die lebensfrohe 85-Jährige ist nicht nur Mutter von sieben Kindern, sondern auch Großmutter von sechs Enkeln und Uroma von drei kleinen Urenkelinnen. Ihr Haus war immer voller Leben, Trubel und Geschichten. „Meine Familie ist meine Lebensaufgabe“, sagt sie. Und genau diese Stärke hat sie auch durch einen medizinischen Ausnahmefall getragen.
Routineuntersuchung mit lebensrettender Folge
Seit Jahren ist Anneliese Beck Patientin auf dem Winterberg. Bei einer routinemäßigen Nachsorgeuntersuchung wiesen die bildgebenden Verfahren auf ein erheblich geweitetes Aneurysma im Aortenbogen hin. Der Aortenbogen ist der obere, bogenförmige Teil der Hauptschlagader (Aorta) und liegt im Brustkorb zwischen den Lungen. Hier entspringen die Hauptstammgefäße für die arterielle Versorgung von Kopf, Hals und Gliedmaßen des Oberkörpers. Bei einem fortgeschrittenen Aneurysma im Aortenbogen droht die Gefahr, dass die Hauptschlagader reißt – das ist dann ein lebensbedrohliches Ereignis mit meist tödlichem Ausgang. Auf Grund des guten Allgemeinzustandes und des unbändigen Lebenswillens der 85-jährigen Patientin entschied sich das behandelnde Ärzte-Team rund um Dr. Michael Steffen, Chefarzt der Klinik für Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, gemeinsam mit den beteiligten Nachbardisziplinen, erstmalig einen komplexen Eingriff anzubieten, der bislang nur in wenigen spezialisierten Zentren Deutschlands durchgeführt wird: Einen vollständigen endovaskulären, also mittels Kathetertechnik durchgeführten, Aortenbogenersatz. Endovaskulär bedeutet, dass die Eingriffe minimalinvasiv innerhalb von Blutgefäßen durchgeführt werden.
Minimalinvasiv und maßgeschneidert: Die neue Methode
Die endovaskuläre Versorgung des Aortenbogens gilt als moderne Alternative zum offenen Eingriff. Sie erfordert höchste Präzision, individuelle Planung und enge Abstimmung im Team.
Bei Anneliese Beck wurde über Zugänge an Leiste, Hals und Arm eine speziell angefertigte Stent-Prothese eingesetzt – ein Drahtgeflecht mit Kunststoff-Ummantelung, das in einem hochkomplexen Verfahren im Vorfeld passgenau für ihre Anatomie entwickelt wurde. Die Herstellung dauert in der Regel sechs bis acht Wochen und erfolgt in enger Abstimmung mit dem behandelnden Ärzteteam. Für Notfallpatienten ist auch eine schnellere Herstellung möglich.
Trotz ihres Alters war für Anneliese Beck schnell klar, dass sie den komplexen Eingriff ganz bewusst möchte: „Ich mache das. Ich bin eine Kämpferin.“ Sie lebt mit einem ihrer Söhne unter einem Dach und liebt es, wenn die Familie gemeinsam am Tisch sitzt. „Ich wollte noch viele gemeinsame Momente erleben – mit meinen Kindern, Enkeln und Urenkelinnen.“
Das minimalinvasive Verfahren ist besonders schonend. Es kommt ohne große Schnitte aus, hinterlässt keine sichtbaren Narben und reduziert das Risiko für Infektionen deutlich. Auch die Regenerationszeit ist kürzer. Komplexe endovaskuläre Eingriffe gelten als technisch anspruchsvoll, sind aber oft auch sehr erfolgreich und – bei entsprechender Expertise - mit einem vergleichsweise niedrigen Komplikationsrisiko vor, während und nach der OP verbunden. Selbst für ältere und mehrfach vorerkrankte Patientinnen und Patienten ist das Risiko im gesamten Behandlungsverlauf geringer als bei der herkömmlichen Methode. „Wir sind froh, dass wir der Patientin eine solch schonende Operation anbieten konnten und künftig auch weiteren Patientinnen und Patienten damit helfen können“, sagt Chefarzt Dr. Michael Steffen.
Gemeinschaftsleistung auf dem Winterberg
Der komplexe Eingriff war eine interdisziplinäre Meisterleistung: Beteiligt waren die Klinik für Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, das Institut für Radiologie, die Klinik für Herz-, Lungen- und Gefäßkrankheiten sowie die Anästhesiologie und Intensivmedizin. Gemeinsam wurde eine Therapie umgesetzt, die bislang nur wenigen Zentren in Deutschland vorbehalten ist. „Maßgeblich zum Erfolg der Operation beigetragen hat die perfekte Zusammenarbeit der beteiligten Fachdisziplinen“, betont Prof. Dr. Elmar Spüntrup, Chefarzt des Instituts für Radiologie, nach dem gelungenen Eingriff.
Neue Maßstäbe für die Versorgung im Saarland
Der erfolgreiche Eingriff bestätigt den im April 2025 eingeschlagenen Weg, im Zuge der Krankenhausreform die Gefäßmedizin in Saarbrücken auf dem Winterberg zu forcieren. Das Gefäßzentrum des Klinikums Saarbrücken ist dreifach zertifiziert und bietet sämtliche Behandlungsmethoden des Fachbereichs an. Der Eingriff markiert einen bedeutenden Fortschritt und zeigt, dass hochspezialisierte Verfahren auch wohnortnah möglich sind. Die erfolgreiche Umsetzung dieses komplexen Eingriffs unterstreicht die medizinische Expertise und die enge, interdisziplinäre Zusammenarbeit auf dem Winterberg. Für Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Aortenerkrankungen eröffnet sich damit eine neue, schonende Behandlungsoption im Saarland.
Auch die Saarbrücker Zeitung berichtete in der vergangenen Samstagsausgabe in einem großen Artikel über diesen besonderen Eingriff: Einzigartige Aneurysma-OP am Winterberg erfolgreich (für SZ+ Abonnenten)




