Schauspielerin Audrey Hepburn soll mal gesagt haben: „Eine Sekretärin ist die Seele eines Büros. Ohne sie würde nichts reibungslos funktionieren.” Jetzt verlässt einer dieser „Büro-Seelen“ den Winterberg: Martina Mewes geht nach 18 Jahren Klinikum Saarbrücken in Rente. Sie betreute das Vorzimmer der Ärztlichen Direktion seit 2006 und seit 2019 auch das Büro der Geschäftsführung.
Und auch, wenn die offizielle Bezeichnung „Sekretariat“ lautet – so ist die Arbeit für den Chef eines so großen Krankenhauses viel mehr als das. Ein altes Sprichwort besagt: „Eine gute Sekretärin denkt wie ein Mann, benimmt sich wie eine Dame und arbeitet wie ein Pferd.“ Oftmals im Hintergrund, aber doch immer mittendrin, sind die Sekretariate von großen Institutionen wichtige Schaltzentralen des Unternehmens, in denen alle Fäden zusammenlaufen – und sie sind viel mehr als „nur Sekretärinnen“ hinterm Schreibtisch und am Telefon, die Schreibkram erledigen und Anrufe durchstellen.
Als Dank und Anerkennung für diese Berufsgruppe, die täglich nicht nur auf dem Winterberg, dafür sorgt, dass der Laden immer weiterläuft, blicken wir gemeinsam mit Martina Mewes auf ihre Zeit im Team Winterberg, aber auch die Herausforderungen und Freuden als Sekretärin zurück.
Nach 20 Jahren Selbstständigkeit in die Festanstellung
Am 1. Oktober 2006 bezog Martina Mewes ihr erstes Büro auf dem Winterberg, kannte sich damals aber schon ganz gut im Klinikum aus: Martina Mewes war 20 Jahre selbstständig mit einem medizinisch-technischen Schreibbüro und hatte bereits ab und zu als Vertretung in Chefarzt-Sekretariaten ausgeholfen. Das Stellenangebot im Sekretariat des Ärztlichen Direktors, damals Dr. Thomas-F. Gardain, kam überraschend, aber sie nahm an. Den Schritt in die Festanstellung hat sie nie bereut, obwohl Martina Mewes anfangs nicht sicher war, ob das „was für sie ist“: „Ich wusste nicht, ob ich überhaupt zu jemandem Chef sagen kann“, lacht die 62-Jährige. Sie konnte es.
Mit ihrem jetzigen Chef, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor Dr. Christian Braun, arbeitet sie schon lange zusammen, er übernahm 2011 die Stellvertretung als Ärztlicher Direktor zusätzlich zur Ärztlichen Leitung der Notaufnahme (ZNA) und des Untersuchungs- und Behandlungszentrums (UBZ) und zog mit seinem Büro zu ihr in den 5. Stock – mit direktem Ausblick auf die Mauer des OP-Trakts. Heute ist die Aussicht deutlich besser, das Büro der Geschäftsführung befindet sich im 10. Stock des Haupthauses und erlaubt den Blick auf das saftige Grün der Spicherer Höhen Richtung Frankreich.
Eine Portion Geduld und eine Prise Kümmerer-Gen
Viel Zeit zum Aus-dem-Fenster-Schauen bleibt in einem Krankenhaus dieser Größenordnung allerdings nicht. Im Sekretariat der Geschäftsführung laufen alle kleinen und großen Themen des Hauses zusammen und die Position im Vorzimmer erfordert viele Eigenschaften gleichzeitig: Durchsetzungskraft, Einfühlungsvermögen, Entscheidungsstärke, ein dickes Fell, Gespür für den richtigen Moment, Sinn für Prioritäten, Geduld, dazu eine Portion Gelassenheit und eine Prise Kümmerer-Gen.
Die Zusammenarbeit mit Dr. Christian Braun war von Beginn an geprägt von Respekt, fairem Miteinander, professionellem Austausch – und Humor. „Ich habe früher, als er noch Oberarzt in der ZNA war, schon immer gesagt: Das ist mein Lieblingsdoktor“, berichtet Martina augenzwinkernd – während ihr Chef sie neckisch „Lieblingstippse“ nannte. Der richtige Ton und eine Kommunikation auf Augenhöhe sind – nicht nur im Sekretariat – das A und O. Insbesondere in einem Haus dieser Größenordnung kann ein eingespieltes Team und eine funktionierende Bindung zwischen Chef und Sekretariat den Unterschied machen, wenn es um professionelles Arbeiten geht.
„Mein Job ist nicht, Everbody‘s Darling zu sein, das weiß ich.“
Denn auch, wenn sich manche Sekretärinnen-Klischees hartnäckig halten, ist das klassische Bild der fingernagellackierenden Stöckelschuh-tragenden Dame längst überholt. „Wenn ich im Haus irgendwo anrufe, bedeutet das meistens für den am anderen Ende der Leitung Arbeit“, sagt sie und zieht die Augenbrauen hoch: „Mein Job ist nicht, Everbody‘s Darling zu sein, das weiß ich.“ Mit dem nötigen Respekt und behutsamer Umsicht gelinge aber auch das, insbesondere Projekte wie Raumplanung und Umzugskoordination innerhalb des Hauses erforderten viel Feingefühl.
Mitarbeitende wie Martina Mewes und ihre Kolleginnen sind inzwischen meilenweit entfernt von dem Status der klassischen Befehlsempfängerin, sie sind Assistenz-Allroundkräfte, die als wichtigste Kommunikationsschnittstelle auch eigene Projekte vorantreiben und den Blick fürs große Ganze haben.
Hauptziel: Dem Chef den Rücken freihalten
Natürlich gehören auch klassische Sekretariatsaufgaben dazu, denn als zentrale Aufgabe im Sekretariat sieht sie: „Man muss den Überblick behalten. Mein Hauptziel ist es, meinem Chef den Rücken frei zu halten, so viele Telefonate wie möglich zu ersparen und möglichst viel in meinem Ermessensspielraum selbst zu lösen“, sagt Martina und gibt einen kleinen Einblick in ihr Sekretariats-Geheimrezept, „dazu braucht es Feingefühl und natürlich ein wenig Erfahrung, die kommt mit der Zeit. Bei der Vielzahl an Anrufen, Mails, Briefen und Besuchen müssen wir eine Vorauswahl treffen, sonst gehen wir unter. In der Regel legen wir zum Beispiel nur ein Drittel der Post dem Chef vor, um alles andere kümmern wir uns eigenständig. Wichtig ist, dass man weiß, wann er was wissen muss und was wirklich wichtig ist“.
Die "Nummer gegen Kummer"
Herausfordernd und gleichzeitig spannend sei vor allem das Beschwerdemanagement mit Patienten oder Angehörigen. „Oben im 10. Stock“ laufe alles auf, zartbesaitet sein dürfe man nicht: „Jeder Unmut, ob von Kollegen oder Patienten, kommt bei uns an.“ Sie sagt: „Diese Gespräche kosten zwar viel Kraft und Energie, manchmal auch Zeit und Nerven, aber letztendlich freue ich mich, wenn ich durch Zuhören und die richtige Vernetzung Probleme lösen kann. Dafür ist sie nicht nur bei Angehörigen und Patienten, sondern auch bei der Mitarbeiterschaft bekannt – und ihre Durchwahl daher eine gefragte „Nummer gegen Kummer“.
„Der meist gesagte Satz, den ich am Telefon höre, ist: Frau Mewes, wisse Sie…? Oder Frau Mewes, Sie wisse doch alles“, lacht sie, „die meisten rufen, wenn sie nicht mehr weiterwissen, bei Frau Mewes an“. Das stört Frau Mewes auch überhaupt nicht – im Gegenteil: „Wir kümmern uns hier oben um viele Dinge, die so in der Stellenbeschreibung gar nicht drinstehen. Aber das macht den Job irgendwie aus.“ Wichtig sei, dass man unterscheiden kann, wann man aktiv werden sollte und wann es auch mal warten kann und welche Infos wichtig sind – frei nach dem Journalisten Herbert Frenzel, der mal behauptet hat: „Eine gute Sekretärin sagt nie mehr, als sie weiß, aber weiß immer mehr, als sie sagt.“
Teamarbeit im Sekretariat: Gute Nachfolge gesichert
Diese Aufgabe meistert Martina Mewes im Vorzimmer des Geschäftsführers nicht alleine. Aktuell sind sie zu dritt – seit Januar 2020 unterstützt die Kollegin Sandra Karmann im Büro, seit August 2023 ist Anna König mit an Bord. Diese beiden hat Martina eingearbeitet, auch mit Blick auf einen möglichst geräuschlosen Übergang. „Ich gebe meinen Chef in gute Hände“, lacht sie, „sicher wird sich einiges ändern, wenn ich nicht mehr da bin, aber ich denke, das kann auch positiv sein. Der Winterberg dreht und entwickelt sich weiter – und ich bin dankbar, dass ich fast 18 Jahre meinen Anteil dazu beitragen konnte“.
Ihr Rat für künftige Generationen in Sekretariaten? „Ich bin gut damit gefahren, erst einmal vom Guten auszugehen, niemandem von vorneherein eine böse Absicht zu unterstellen und unvoreingenommen auf Menschen zuzugehen – und auf Geschwätz und Flurfunk nichts zu geben.“ Ihr Bauchgefühl habe sie selten im Stich gelassen, wenn es um Menschenkenntnis ging. Martina Mewes rät zum offenen Wort: „Ich bin ein Freund des Telefons und der kurzen Wege – ich muss Dinge, die mich stören, direkt ansprechen, im richtigen Moment und im richtigen Ton. Damit habe ich gute Erfahrungen gemacht.“
Für viele Kolleginnen und Kollegen hat Martina Mewes Einstands- und Ausstandsfeiern organisiert, auch feierliche Chefarzt-Verabschiedungen und –Begrüßungen, hat in den vergangenen Jahren einige kommen und gehen sehen: „Das ist immer was Besonderes. Etwas Altes vergeht, etwas Neues fängt an.“ Jetzt hat sie ihren eigenen Ausstand organisiert, lädt die Kolleginnen und Kollegen zum Grillfest ein, um ein letztes Mal mit „dem Chef“ und dem Team Winterberg anzustoßen – natürlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Langeweile? Eher nicht.
Auf die Zeit „nach dem Berg“ freut sie sich „unglaublich“ – auch wenn sie dann vorerst zu niemandem mehr „Chef“ sagen muss. Außer vielleicht zu den Enkelkindern Luca, 13, und Mila, 15, mit denen sie gerne Zeit verbringt. „Ich denke nicht, dass mir langweilig wird. Auch wenn die erste Zeit ohne den Winterberg sicherlich erstmal seltsam ist“, sagt sie. Einige Pläne für die freie Zeit hat sie schon: Sie will ihr Spanisch verbessern und Kochkurse belegen, um ihr Lieblingsgericht, Paella, weiter zu professionalisieren.
Im Anschluss an den letzten Arbeitstag im Juli geht es aber erstmal direkt nach Paris – fünf Tage zu Gast bei den Olympischen Spielen stehen auf dem Programm. Danach wollen sie und ihr Mann Wolfgang mit dem Wohnmobil verreisen und Bekannte besuchen, ohne Blick auf den Kalender und ohne ein drohendes Ende des Urlaubs. Und wenn das Wetter schlecht oder die Sehnsucht nach dem Meer zu groß wird, heißt es: Ab in die eigene Wohnung nach Fuerteventura, das ist die zweite Heimat der Familie Mewes.
Vielen Dank - an alle Sekretariate, die den "Laden" am Laufen halten
Das Team Winterberg sagt DANKE an die „Lieblingstippse“ und wünscht für den neuen Lebensabschnitt alles Gute. Und an alle anderen Sekretariate auf dem Winterberg und in anderen Unternehmen: Sie machen einen tollen Job – die Chefs dieser Welt wären ohne Sie alle vermutlich verloren.