Delirprävention ist Teamarbeit auf dem Winterberg

Pressemitteilung /

Am 14. März jährt sich der Welt-Delir-Tag - ein Krankheitsbild mit hohem Krankheitswert, das jeden treffen kann.

Wenn man nicht mehr „richtig tickt“ oder irgendwie situativ „ver-rückt ist“ – der Welt-Delir-Tag am 14. März sensibilisiert für dieses besondere Krankheitsbild. Gemeint ist ein akuter Verwirrtheitszustand oder auch „Delirium“, früher als „Durchgangssyndrom“ bezeichnet. Insbesondere für ältere Menschen ist dies eine gefürchtete Folge eines stationären Krankenhausaufenthaltes.

Jedoch nicht nur das Lebensalter und bekannte Vorerkrankungen beeinflussen die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser akuten Störung im Gehirn, auch die Schwere der Erkrankung trägt zur Entwicklung eines Delirs maßgeblich bei. Mehr als die Hälfte der Patienten zeigen nach einem großen chirurgischen Eingriff Krankheitszeichen eines Delirs. Im Bereich der Intensivmedizin sind, je nach Schwere der Erkrankung, bis zu 70 Prozent der Fälle betroffen. Die Dauer der Verwirrtheit hat einen Einfluss auf die Verweildauer, auf das Behandlungsergebnis und die Sterblichkeit. Etwa ein Viertel aller Patienten behält nach einem Delir kognitive Funktionsstörungen wie Einschränkung der Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis zurück.

„Grundsätzlich kann ein Delir bei jedem Krankenhauspatienten auftreten, es besteht nicht zwangsläufig ein Zusammenhang mit einem Suchtverhalten wie Alkoholkonsum oder mit der vorangegangenen Narkose, so PD Dr. Konrad Schwarzkopf, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin. „Es ist ein ernstzunehmendes Krankheitsbild mit hohem Krankheitswert, für das es nicht das „eine Medikament“ zur Behandlung gibt. Daher ist die Delirprävention elementar wichtig, diese beginnt mit der Tages- und Nachtstrukturierung. Wir vermeiden jede zusätzliche nächtliche Störung des Patienten und begrenzen unsere Tätigkeiten auf das medizinische oder pflegerische Notwendige. Die Betroffenen erleben diese Phase der Orientierungslosigkeit, die meist spontan endet, sehr unterschiedlich. Manchmal lösen die Gedanken daran noch Ängste aus. Einigen Patienten hilft im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt ein gemeinsames Gespräch oder auch ein Besuch der Intensivstation“, sagt der Intensivmediziner.

„Herr Müller, Sie sind im Krankenhaus, heute ist Sonntag. Sie hatten einen Schlaganfall. Bitte trinken Sie einen Schluck“ – diese Sätze kennt man von Krankenhausfluren. Diese gesprochenen Orientierungshilfen sollen dem Patienten helfen, sich im Hier und Jetzt wiederzufinden. Rund 10 Prozent aller Schlaganfallpatienten auf einer Stroke Unit erleben im Rahmen ihrer Behandlung eine Form der Desorientierung.

Delir - ein Krankheitsbild mit vielen Gesichtern 

„Das frühzeitige Erkennen ist die Herausforderung“, sagt der Chefarzt für Neurologie PD Dr. Andreas Binder. „Ein Patient kann ruhig sein und trotzdem im Delir, dies betrifft ca. 30 Prozent der Betroffenen. Der Verwirrtheitszustand kann verschiedenste Gesichter haben: unter anderem Wahrnehmungsstörungen, Beeinträchtigung des Gedächtnisses, körperliche Unruhe, Schläfrigkeit, Angststörungen, Verfolgungswahn oder die Umkehr des Schlaf-Wach-Rhythmus.“  Man unterscheidet drei verschiedene Formen: hyperaktiv, hypoaktiv und eine Mischform aus beiden. Insbesondere Patienten mit Demenz sind Risikopatienten, da diese häufig bereits Verhaltensänderungen im Rahmen der Demenz zeigen.

„Da wir die Patienten nur im klinischen Umfeld kennen, ist der Austausch mit Angehörigen umso wichtiger“, so der Neurologe, „daneben sind Hilfsmittel wie Zahnprothese, Hörgerät und Brille für den Patienten essenziell. Eigene Kleidung, Düfte, Musik oder eine besondere Ansprache können dem Patienten aus der Situation in die Normalität helfen und Sicherheit vermitteln. Daneben stehen uns Instrumente zur Einschätzung zur Verfügung, die den Zustand messbar und vergleichbar machen. Am Verlauf erkennen wir, ob die geplanten Maßnahmen eine Besserung zeigen“.

Präventive Maßnahmen 

Die Vermeidung oder Abmilderung eines Delirs ist Teamsache. Mit verschiedensten Maßnahmen wie Frühmobilisation, Reorientierung, Schlafverbesserung, angepasster Schmerztherapie und der Vermeidung einer Multimedikation, also der gleichzeitigen und andauernden Einnahme mehrerer Wirkstoffe, können helfen, die Orientierung zu behalten.

Verschiedenste Informationen zum Delir gibt es hier https://www.klinikum-saarbruecken.de/fachabteilungen/anaesthesiologie-und-intensivmedizin/zentrum-fuer-intensiv-und-notfallmedizin/ratgeber-fuer-intensivpatienten/intensivmedizinische-krankheitsbilder/delir/

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Symbolbild: Delirprävention durch Körperkontakt im Klinikum Saarbrücken.
Grundsätzlich kann ein Delir bei jedem Krankenhauspatienten auftreten, die Delirprävention ist Teamarbeit.