Schlaganfälle bei Kindern sind – zum Glück – sehr selten. Im Klinikum Saarbrücken wurden in den zurückliegenden fünf Jahren 20 Kinder mit Diagnose Schlaganfall behandelt.
Das Klinikum Saarbrücken verfügt auch für diese seltenen Fälle über eine besondere Expertise: Neben der Kinderklinik ist auf dem Winterberg das interdisziplinär aufgestellte Neurovaskulären Zentrum (NVZ) verortet, das sämtliche diagnostische und Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit Schlaganfall, Hirnblutung, oder Erkrankungen oder Verletzungen der hirnversorgenden Gefäße vorhält. Gemeinsam mit den pädiatrischen Kollegen behandelt das Team des NVZ auch Kinder aller Altersstufen.
Thrombektomie im spezialisierten Zentrum
Neben der Neurologie, der Neurochirurgie und der Gefäßchirurgie ist auch besonders die Neuroradiologie mit ihren Katheter-basierten neurointerventionellen Eingriffen ein wichtiger Bestandteil dieser interdisziplinären Versorgung. Denn: Rund 80 Prozent aller Schlaganfälle werden durch ein Blutgerinnsel verursacht, das ein hirnversorgendes Blutgefäß verschließt.
Gab es früher nur die Möglichkeit, die Gerinnsel medikamentös aufzulösen, können sie heute in ausgewählten Fällen in spezialisierten Zentren wie dem Klinikum Saarbrücken mittels eines Katheters mechanisch entfernt werden (durch eine sogenannte Thrombektomie).
Thrombektomie bei Kindern
So gab es auf dem Winterberg in der Vergangenheit auch schon junge Patientinnen und Patienten, bei denen ein Blutgerinnsel eine große Hirnarterie verstopft hat (ischämischer Schlaganfall) – hier konnte beispielsweise ein elfjähriges Kind thrombektomiert werden:
Durch die Neuroradiologie wurde mechanisch mittels eines Katheters minimal-invasiv das Gerinnsel entfernt und die Durchblutung wiederhergestellt. Daneben haben wir auch schon Kinder mit einem hämorrhagischen Schlaganfall (aufgrund einer Hirnblutung) versorgt, hier wurde eine medikamentöse Lysetherapie angewendet.
Enge Vernetzung, gebündelte Experise
Insbesondere die Thrombektomie bei Kindern erfordert eine sehr hohe medizinische Expertise. Insbesondere durch die enge Vernetzung der Fachabteilungen des Klinikums Saarbrücken in interdisziplinären Zentren werden wir dieser besonderen Herausforderungen gerecht.
So werden im Neurovaskulären Zentrum des Klinikums Saarbrücken im Jahr über 1.000 Schlaganfallpatienten aller Schweregrade aus einem überregionalen Einzugsgebiet versorgt – Kinder bleiben hierbei aber natürlich Einzelfälle.
Fragen rund um das Thema Schlaganfälle bei Kindern
Doris Anhalt, Leitende Oberärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin:
Schlaganfälle bei Kindern - woran erkennt man sie und inwiefern unterscheiden sich bei Kindern die Symptome von denen bei Erwachsenen?
Die arteriell ischämischen Schlaganfälle bei Kindern zählen zu den zeitkritischsten pädiatrischen Notfällen. Gleichzeitig werden sie aufgrund der unspezifischen klinischen Symptomatik und einer Vielzahl an Differentialdiagnosen häufig erst mit großer Zeitverzögerung diagnostiziert, was die Prognose erheblich verschlechtern kann. Daher ist es von zentraler Bedeutung, die Aufmerksamkeit bezüglich solcher Ereignisse zu schärfen.
Während die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Schlaganfällen insgesamt sehr niedrig ist, so ist die Sterblichkeit jedoch hoch, immerhin gehört der kindliche Schlaganfall zu den zehn häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Die kurz- und langfristigen Krankheitsfolgen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen und bedeuten oftmals eine lebenslange Einschränkung der Lebensqualität.
Erste Anzeichen ähnlich wie bei Erwachsenen
Grundsätzlich sind die ersten klinischen Zeichen ähnlichen denen bei Erwachsenen: akut auftretende fokale neurologische Defizite wie eine einseitige Lähmung (Hemiparese), Gesichtsnervenlähmung (Facialisparese) und Sprachstörungen. Oftmals treten aber unspezifische Begleitsymptome wie Krampfanfälle und Kopfschmerzen auf, manchmal präsentiert sich die Symptomatik über einen längeren Zeitraum mit wechselnder Ausprägung.
Generell gilt: Je jünger das Kind, desto unspezifischer ist die klinische Symptomatik. Die Wahrscheinlichkeit eines Schlaganfalls bei gleicher Symptomatik ist im Erwachsenenalter zehnfach höher als im Kindesalter.
Typische Diagnosen wie Migräne, Krampfanfälle und idiopathische Facialisparese zählen zu den sogenannten „Stroke Mimics“, sie ähneln einem Schlaganfall, sind aber keiner.
Zu besseren Unterscheidung und Erhöhung der Aufmerksamkeit bei der Diagnosestellung wurden spezielle Checklisten erstellt. Diese beinhalten die Beurteilung von Gleichgewicht, Augenmotilität, Gesichtsmuskellähmung, Lähmung der oberen Extremität, Sprachstörungen und zeitliches Auftreten möglicher Bewusstseinsstörungen.
Gibt es Faktoen, die das Risiko für einen Schlaganfall bei Minderjährigen erhöhen können?
Die Ursachen sind auch im Kindes- und Jugendalter vielfältig. Angeborene oder erworbene Erkrankungen der Gefäße im und außerhalb des Gehirns sowie Herzfehler, angeborene Gerinnungsstörungen, Krebserkrankungen oder Störungen des Stoffwechsels, Bindegewebserkrankungen bzw. genetische Prädisposition spielen eine große Rolle.
Sehr häufig gibt es auch im Rahmen zum Teil harmloser wie auch ernsthafter viraler und bakterieller Infektionen sogenannte parainfektiöse Schlaganfälle. Ein sehr hohes Schlaganfallsrisiko besteht bei einer bakteriellen oder tuberkulösen Hirnhautentzündung.
Bei jeder nicht sicher geklärten Ursache einer fokalen neurologischen Symptomatik sollte an einen Schlaganfall gedacht werden und unverzüglich eine bildgebende Diagnostik eingeleitet werden.
SR beleuchtet Thema näher
Der Saarländische Rundfunk hat sich dem Thema ausführlich gewidmet. Den Beitrag "Woran erkennt man einen Schlaganfall bei Kindern" finden Interessierte hier.