Operationssäle auf dem Winterberg werden "grüner"

Pressemitteilung /

Klinikum Saarbrücken setzt als erstes Krankenhaus im Saarland auf klimafreundliche Narkose.

Sie sind für Operationen unverzichtbar, zählen aber zu den schlimmsten Klimaschädigern weltweit: Narkosegase. Denn sie sind alles andere als umweltfreundlich.

Deshalb geht das Klinikum Saarbrücken nun neue Wege und macht die OP-Säle in einer beispielhaften Teamleistung innerhalb kurzer Zeit „grüner“: Nach und nach werden die Narkosegeräte in den Operationssälen auf dem Winterberg so umgerüstet, dass die klimarelevanten Narkosegase nicht mehr in die Umwelt gelangen.

Stattdessen werden sie gefiltert und recycelt. Bislang gibt es deutschlandweit 29 Krankenhäuser, die diese Methode anwenden – im Saarland ist das Team Winterberg Vorreiter. 

„Umweltfreundlich“-Upgrade auf dem Winterberg

„Narkosegase killen die Ozonschicht“, sagt PD Dr. Konrad Schwarzkopf, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin. Man gehe davon aus, dass sie jährlich für 1 bis 2 Prozent des Ozonlochs verantwortlich seien.

Im Einsatz sind im Klinikum Saarbrücken die Gase Desfluran, Sevofluran und Isofluran. Chemisch gesehen handelt es sich dabei um sogenannte „halogenierte Kohlenwasserstoffe“ – hochpotente Treibhausgase und äußerst starke Klimaschädiger. Desfluran wirkt beispielsweise 2540-mal so klimaschädlich wie CO2. Isofluran zählt zu den Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW). „Eine siebenstündige Narkose entspricht etwa dem Treibhauseffekt einer 15000 Kilometer langen Autofahrt“, so Schwarzkopf.

„Nachdem wir vor Jahren schon das Lachgas in den OPs abgeschafft haben, folgt nun der nächste Schritt“, erklärt er. Bislang wurden im Klinikum Saarbrücken – wie in den meisten Operationssälen weltweit – die vom Patienten ausgeatmeten Anästhetika direkt am Narkosegerät abgesaugt und in die Außenluft, also in die Atmosphäre, abgegeben.

Damit ist bald Schluss. Schon jetzt haben zwei der 26 Narkosegeräte das „Umweltfreundlich“-Upgrade. Die restlichen folgen.

Krankenhausapotheke als Bindeglied

Beate Halex, Leiterin der Krankenhausapotheke auf dem Winterberg, war von Anfang an in das Projekt involviert, denn die Apotheke ist für den Narkosegas-Einkauf zuständig und damit ein Bindeglied zwischen der Firma Baxter, die die Gase vertreibt, und dem Klinikum Saarbrücken. „Wir haben Kontakt zu Baxter aufgenommen und uns über das genaue Vorgehen erkundigt“, sagt Beate Halex.

Nach der Umstellung des Systems werde sich für die Apotheke an dem grundlegenden Prozedere nichts ändern. „Wir werden genauso viele Narkosegase brauchen wie in der Vergangenheit. Was sich jedoch ändert, ist, dass wir keine umweltschädlichen Treibhausgase mehr an die Umwelt abgeben.“

Die gebrauchten Akitvkohle-Filter werden im Zentrallager gesammelt

Bei der klimafreundlichen Narkose werden die ausgeatmeten Gase über ein zusätzliches Aktivkohle-Filter-System, das mit dem Narkosegerät verbunden ist, abgeleitet und aufbewahrt. „Wenn der Behälter gefüllt ist, piept er und wird ausgetauscht“, sagt PD Dr. Konrad Schwarzkopf. Ein Aktivkohle-Filter hält etwa eine Woche lang – natürlich abhängig von der Zahl der OPs. 

Die gebrauchten Behälter werden im Zentrallager des Klinikums Saarbrücken gesammelt. „Für uns ergibt sich dadurch eigentlich kaum Mehraufwand“, berichtet Lagerleiter Andreas Keck. „Wir holen ohnehin täglich Materialien aus den OPs ab – auf diesem Weg können wir die Filter mitnehmen.“

Für ihn und sein Team seien die Filter Lagerartikel wie alle anderen auch. Wenn zwei bis drei Kisten gefüllt sind, setzt sich Andreas Keck mit der Firma Baxter in Verbindung. Die Filter werden abgeholt und nach Brandenburg gebracht, wo die Gase zurückgewonnen werden.

Bis zu 98 Prozent der Narkosegase können recycelt werden

Der Transport wird so organisiert, dass keine zusätzliche Lkw-Fahrt notwendig ist. Außerdem werden das in den Filtern eingesetzte Aktivkohle-Granulat sowie alle anderen Verbrauchsartikel aufbereitet. Durch dieses Verfahren können bis zu 98 Prozent der Narkosegase recycelt werden.

Wichtig zu wissen: Der Einsatz von Narkosegasabsorbern beeinflusst in keiner Weise die Anästhesie des Patienten, da der Filter dem Narkosegerät nachgeschaltet ist.

Die Filtertechnologie ist einfach und unmittelbar einsetzbar. Der Platzbedarf ist minimal und die Handhabung intuitiv. „Wir haben praktisch keine Nachteile, sondern gewinnen sogar an Mobilität“, sagt PD Dr. Konrad Schwarzkopf. „Denn wir sind nicht mehr von den Absaugstationen abhängig.“

Die rund 65 Absauganlagen können mit Umstellung auf das klimafreundliche System außer Betrieb genommen werden. „So reduzieren wir den Druckluftverbrauch und benötigen in der Folge auch weniger Strom“, erläutert Jörg Härtner von der Technischen Abteilung.

Man rechnet pro Entnahmestelle jährlich mit Einsparungen von 700 bis 800 Euro. Damit sind die Kosten für die Filter mehr als gedeckt. Und das ökologische Plus ist enorm.

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Beate Halex, Leiterin der Krankenhausapotheke des Klinikums Saarbrücken
Beate Halex, Leiterin der Krankenhausapotheke des Klinikums Saarbrücken, ist für den Einkauf der Narkosegase verantwortlich.