"Mir wurde ein zweites Leben geschenkt"

Pressemitteilung /

Der Feuerwehrmann Andreas Moog aus Eschringen hat nach einem Sturmeinsatz einen schweren Herzinfarkt überlebt – dank der guten Reaktion seiner Kameraden, der schnellen Erstversorgung durch den Rettungsdienst und der anschließenden professionellen Betreuung durch die Notfallspezialisten im Klinikum Saarbrücken. Er hatte keinerlei Vorerkrankungen. Vor den Augen seiner Frau Martina fiel der 59-Jährige einfach um. Ohne die kompetente Reanimation an Ort und Stelle, die ununterbrochene Fortführung der Wiederbelebung auf dem Transport und ohne die medizinischen Möglichkeiten des Cardiac Arrest Centers auf dem Winterberg wäre Andreas Moog heute tot.

Der Stamm der Akazie, den Andreas Moog am 10. März dieses Jahres mit der Motorsäge zerlegt hat, war dick und schwer. Der Baum drohte, auf die Andreas-Kremp-Straße in Eschringen zu stürzen, der Deutsche Wetterdienst hatte an diesem Tag vor Sturmböen mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde gewarnt. Als der Feuerwehrmann, der seit über 30 Jahren im Löschbezirk 26 bei der Freiwilligen Feuerwehr in dem Saarbrücker Stadtteil aktiv ist, an diesem Tag seinen Melder piepsen hört, stülpt er sofort Stiefel und Schnittschutzhose über. Die Erfahrung sagt ihm: Das wird ein langer Tag. Am Ende des Einsatzes wird er den Baum vorm Umfallen bewahrt haben. Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht weiß: Zurück im Gerätehaus wird er selbst umstürzen wie ein gefällter Baum. Beim Aufräumen der Gerätschaften erleidet Andreas Moog einen Herzinfarkt. Seine Frau Martina, ebenfalls Feuerwehr-Frau, sieht ihn zusammenbrechen. Keine Vorerkrankung, keine Vorboten, nichts. Die Kameraden erkennen sofort die Notlage, beginnen umgehend eine Herzdruckmassage und setzen damit vorbildlich die Rettungskette in Bewegung: Wiederbelebung, Notarzt rufen. Um 17.35 Uhr geht der Alarm bei der Rettungsleitstelle auf dem Winterberg ein, das Einsatzteam ist acht Minuten später vor Ort, übernimmt die Reanimation. Nachdem der Defibrillator das bis zu diesem Moment vorliegende  Kammerflimmern stoppen konnte, geht es unter Einsatz eines mechanischen Thorax-Kompressionsgerätes, welches die Herzdruckmassage während des Transports automatisch weiterführt, ins Klinikum Saarbrücken. Um 18.22 Uhr übernimmt das Team des Cardiac Arrest Centers im Klinikum Saarbrücken, das darauf spezialisiert ist, Menschen, die einen Herzkreislaufstillstand hatten und reanimiert werden konnten, bestmöglich zu versorgen. Direkt nach der Aufnahme nimmt Oberarzt Kristian Hartleb einen Herzkatheter-Eingriff vor und eröffnet ein im Rahmen des Herzinfarktes verschlossenes Herzkranzgefäß.

Der Kreislauf des Feuerwehrmanns ist schwach, droht immer wieder, zusammenzubrechen, in der Patientenakte liest man von „massiver Kreislaufinstabilität“. Allein während der Fahrt mit dem Rettungswagen musste er bereits dreimal defibrilliert werden. Die Experten im Cardiac Arrest Center, die Oberärzte Dr. Edgar Betz (Anästhesie) und Kristian Hartleb (Kardiologie), entscheiden: Andreas Moogs Kreislauf bekommt unmittelbar im Herzkatheterlabor über diverse Kanülen und Schläuche Unterstützung durch eine „extrakorporale Reanimation“ (eCLS-System, „extracorporal Life Support“). Diese Herz-Lungen-Maschine übernimmt extern den Kreislauf und die Atmung und verschafft dem Körper Erholungszeit. Beatmet und ohne Bewusstsein kommt er auf die Intensivstation – Prognose ungewiss, Tendenz schlecht. 15 Tage später. Das erste, an was Andreas Moog sich am 25. März 2019 erinnert, ist eine ruhige Stimme, die neben ihm am Bett sitzt und seine Hand hält. Die Stimme sagt: „Atmen.“ Und Andreas Moog atmet. Er lebt. Während er diese Situation acht Wochen nach seinem Herzinfarkt erzählt, lächelt er: „Ich hatte den Eindruck, jemand hat plötzlich den Schalter umgelegt. Ich habe deutlich gemerkt: Meine Maschinerie läuft wieder.“ Privatdozent Dr. Florian Custodis, Chefarzt der Klinik für Herz- und Lungenkrankheiten, bestätigt das: „Andreas Moog ist ein Phänomen. Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand einen Herzkreislaufstillstand so gut überlebt wie er. Alle Beteiligten haben alles dafür getan, dass dieser Fall so gut ausgehen konnte.“ Nicht zuletzt die schnelle und gute Erstversorgung durch umgehend begonnene kompetente Reanimationsmaßnahmen,  medizinische Spitzentechnik und die Expertise im Cardiac Arrest Center des Klinikums Saarbrücken zur Behandlung von Patienten nach einer Wiederbelebung sind dafür verantwortlich.

In den ersten Wochen nach dem Koma kommuniziert Andreas Moog über Augenzwinkern, Sprechen gelingt noch nicht, auch das Wasserglas kann er nicht alleine halten. „Mit meiner Frau Martina hat das super geklappt. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft, sie war immer an meiner Seite“, sagt der Feuerwehrmann. Auch die Anteilnahme bei den Kollegen war riesig, darüber hinaus ebenfalls – Andreas Moog ist in seinem Heimatort und in den Feuerwehrkreisen der Stadt „bekannt wie ein bunter Hund“. Aber selbst im Krankenhausbett denkt der selbst ernannte „Feuerwehrmann mit Helfersyndrom“ an die anderen: „Ich weiß genau, wie sich alle fühlen. Es ist für Feuerwehrleute eine Katastrophe, wenn der eigene Kamerad Schaden nimmt“, sagt er. Deshalb ist er froh, dass er sich bei allen, die ihm ins Leben zurückgeholfen haben und helfen, bedanken kann. Einige Blessuren trägt er aktuell noch davon, ihm fehlt Gefühl in den Fingerspitzen und er kann auf seinem rechten Auge nichts mehr sehen – mögliche Begleiterscheinungen seines Herzinfarkts und des sich anschließenden Komas.

Bis er wieder ganz der Alte ist, wird es noch dauern. Andreas Moogs Motto „Aufgeben ist keine Option“ hilft ihm dabei. Er übt fleißig gehen, trainiert seine Armmuskulatur und wartet auf die Reha. Dabei strahlt er sonnigen Optimismus aus: „Ich will so schnell wie möglich wieder auf die Beine kommen.“ Er freut sich, wenn er endlich wieder zuhause ist und Kater Carlos übers Fell streicheln und sein Pferd Krümel an den Ohren kraulen kann: „Das vermisse ich.“ Ob er wieder seiner Berufung als Feuerwehrmann nachgehen darf, wird eine Tauglichkeitsprüfung entscheiden müssen, da gebe es klare Regeln, sagt der Eschringer und verspricht: „Meinen Melder gebe ich nicht ab.“ In seiner zusätzlichen Funktion als Gerätewart gibt es schließlich auch andere wichtige Aufgaben.

Der Tag, als Andreas Moog die Akazie in der Andreas-Kremp-Straße zersägt und damit andere Menschen vor Gefahr bewahrt hat, wurde wirklich ein langer Tag. Für den Feuerwehrmann aus Leidenschaft dauert er gefühlt bis heute an: „Dass ich hier stehe, mit Ihnen sprechen und ein Glas halten kann, ist wirklich ein Wunder. Mir wurde ein zweites Leben geschenkt. Ich bin einfach nur dankbar.“   

Das Cardiac Arrest Center im Klinikum Saarbrücken:
Im Saarland erleiden jährlich rund 1000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand, der durch den Rettungsdienst behandelt wird. Um die Überlebenschance solcher Patienten zu erhöhen, müssen sämtliche Glieder der sogenannten Rettungskette eng verzahnt miteinander arbeiten. Im Anschluss an die Behandlung durch den Rettungsdienst müssen im Krankenhaus verschiedene Fachdisziplinen reibungslos zusammenarbeiten. Untersuchungen haben gezeigt, die Überlebenschancen von Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand deutlich gesteigert werden können, wenn interdisziplinär optimal kooperiert und Fachkompetenz gebündelt wird. Am Cardiac Arrest Center beteiligt sind die Zentrale Notaufnahme, die Innere Medizin II (Herzkatheterlabor), das Zentrum für Intensiv- u. Notfallmedizin, die Klinik für Neurologie und das Institut für Radiologie. Ein Schwerpunkt im Cardiac Arrest Center bei der extrakorporalen Reanimation ist der Einsatz des Herz-Lungen-Systems ECLS („extracorporal Life Support“).
Um ständig ein hohes Niveau medizinischer Qualität zu gewährleisten, finden in regelmäßigen Abständen Teamtrainings statt, an denen alle an der Versorgung Beteiligten teilnehmen. Im Mittelpunkt stehen dabei neben medizinischen auch psychologische und kommunikative Fähigkeiten der Teammitglieder. Das Zentrum beteiligt sich darüber hinaus an der Datenerhebung des deutschen Reanimationsregisters.

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