Neue Wege in der Pflege

Pressemitteilung /

„Im Saarland dauert es 157 Tage, bis Stellen in der Gesundheits- und Krankenpflege besetzt werden können“, schreibt die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit in einer aktuellen Pressemitteilung (Nr. 041/2019 vom 21. August 2019). Das Klinikum Saarbrücken beteiligt sich mit dem Universitätsklinikum des Saarlandes an einem Rekrutierungsprojekt in Mexiko, in dessen Rahmen mexikanischen Pflegekräften eine Beschäftigung im Saarland angeboten werden soll. Klinikum Saarbrücken, Universitätsklinikum, ZAV, mexikanischen Arbeitsverwaltung und Carl Duisberg Stiftung sind ab 9. September 2019 zu einer Informations- und Rekrutierungsveranstaltung vor Ort in Mexiko. Das Klinikum begibt sich auf einen neuen Weg, um dem Pflegefachkräftemangel entgegen zu treten. Die wichtigsten Fragen dazu beantwortet Personaldirektor Thomas Hesse.

Woher kommt die Idee, in Mexiko nach Pflegefachkräften zu suchen?

Thomas Hesse: „Die Aktion wurde initiiert und wird weiterhin gesteuert von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit. Sie unterstützt deutsche Unternehmen bei der Suche nach geeigneten Fachkräften im Ausland. Die Initiative hat bei uns Interesse geweckt, weil auch wir – wie viele andere Häuser – dringend mehr Personal in der Pflege brauchen, als es aktuell auf dem (deutschen) Markt gibt. Wir möchten damit aktiv eine weitere Offensive starten, um unser eigenes Pflegepersonal zu entlasten. Wir möchten handeln, statt einfach nur passiv zuzusehen.“

Und wieso ausgerechnet Mexiko? Ist das nicht sehr aufwändig?

TH: „Die ZAV arbeitet mit Partnern aus der EU und aus Nicht-EU-Staaten. Seit zwei Jahren ist die ZAV auch in Mexiko aktiv. Für Mexiko spricht insbesondere, dass bereits eine sehr gute Zusammenarbeit mit der mexikanischen Arbeitsverwaltung besteht, die auch die Anwerbung von Fachkräften aus dem Gesundheitsbereich umfasst. Anders als in manchen Ländern steht einer Rekrutierung wie in diesem Fall kein Anwerbeverbot entgegen. Darüber hinaus hat man festgestellt, dass die mexikanische Bevölkerung Deutschland gegenüber sehr aufgeschlossen ist. Bei der Auswahl der Partner-Länder wird seitens der ZAV natürlich darauf geachtet, dass diese keinen eigenen Mangel in der jeweiligen Branche aufweisen.“

Also werden dort keine Pflegekräfte gebraucht?

TH: „Doch, aber es gibt nach Aussage der ZAV ein Überangebot an Fachkräften im Gesundheitsbereich, die keine Arbeit finden. Der eigene Arbeitsmarkt kann nicht allen ausgebildeten Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Es ist quasi eine Win-win-Situation.“

Und wieso macht man das nicht innerhalb der EU?

TH: „Innerhalb der EU haben fast alle Länder die gleichen Engpässe – insbesondere im Gesundheitsbereich. Es gibt nur wenige Länder (bspw. Spanien, Italien), die keinen Mangel an Pflegekräften haben; allerdings auch keinen Überschuss, so dass man dort nicht rekrutieren darf. Hinzu kommt am Beispiel Spanien, dass dort gerade die Ausbildung umgestellt wird (universitäre Ausbildung), so dass die meisten Studierenden weiter zur Uni gehen und ihren Master machen. Nur ein kleiner Teil (ca. 20 % lt. Information der ZAV) sucht eine Beschäftigung und hat gute Möglichkeiten, in Spanien eine Arbeit zu finden.“

Wie sind die mexikanischen Pflegekräfte denn ausgebildet? Kann man das einfach auf unser System übertragen?

TH: „Die Ausbildung des Pflegepersonals ist qualitativ gut, was sich positiv auf eine zu erwartende Teilanerkennung in Deutschland auswirkt. In jedem Einzelfall wird von Seiten der deutschen Behörden geprüft, wo derjenige steht und welche Abschlüsse anerkannt bzw. übertragen werden können. In Mexiko gibt es zudem verschiedene Sprachkursträger, die Deutschkurse nach dem Gemeinsamen Europäischen Refe-renzrahmen für Sprachen anbieten.“

Wie läuft die Aktion in Mexiko ab? Wer fährt dorthin und was passiert dort?

TH: „Pflegedirektor Hagen Kern und ich vertreten das Klinikum Saarbrücken in Mexiko-Stadt. Ab Montag, 9. September, findet dort zunächst eine „Informations- und Rekrutierungsveranstaltung“ statt, bei der sich interessierte Pflegekräfte über die Beschäftigungsmöglichkeiten bei uns im Klinikum Saarbrücken informieren können. Weitere Teilnehmer der Reise sind Vertreter des  Universitätsklinikums des Saarlandes aus Homburg, die ZAV als federführende Organisation, die mexikanische Arbeitsverwaltung (Servicio Nacional de Empleo, SNE) und die Carl Duisberg Stiftung. Nach der Informationsveranstaltung finden dann Aus-wahltests und Vorstellungsgespräche statt.“

Nach welchen Kriterien wird ausgewählt?

TH: „Zentrales Auswahlkriterium ist eine abgeschlossene Berufsausbildung als Pflegekraft bzw. ein vergleichbarer Abschluss in Mexiko sowie einige Jahre Berufserfahrung in einem Krankenhaus. Darüber hinaus wird auch die Sprachkompetenz getestet. Mit denjenigen, die letztendlich für eine Pflegetätigkeit in einer der beiden Kliniken in Frage kommen, werden direkt vor Ort Verträge abgeschlossen. In den darauffolgenden sechs Monaten besuchen die mexikanischen Frauen und Männer in ihrer Heimat einen Deutschkurs. Ab März/April 2020 erfolgt die Arbeitsaufnahme in Saarbrücken und Homburg. Zunächst arbeiten die Beschäftigten als Pflegehelfer. Nach Abschluss der erforderlichen Anpassungsqualifizierung mit abschließender Prüfung erfolgt dann der Einsatz als Gesundheits- und Krankenpfleger.“

Stimmt es, dass es sich um „billigere Kräfte aus Mexiko“ handelt?

TH: „Nein, das ist falsch. Die Beschäftigung der mexikanischen Pflegekräfte erfolgt selbstverständlich auf Basis unserer geltenden Tarifregelungen. Wer die Berufserlaubnis als Pflegefachkraft hat, wird auch entsprechend bezahlt.“

Welchen Erfolg versprechen Sie sich von dem Mexiko-Projekt?

TH: „Mein Ziel ist es, unsere Pflegekräfte auf dem Winterberg zu entlasten. Dies kann aber letztlich nur durch zusätzliche Fachkräfte geschehen. Wir verfolgen hier mehrere Ansätze:

Wir werden zum Beispiel ab 2020 die Anzahl der Ausbildungsplätze in der Pflege massiv aufstocken, von 120 auf 200 Ausbildungsplätze.

Wir setzen auch auf innovative Projekte wie die deutschlandweit einmalige Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft mit integrierter Weiterbildung Intensivpflege und Anästhesie. Mit diesem Modellprojekt gelingt es uns, zusätzliche junge Menschen für die Pflege zu begeistern. Ganz aktuell haben wir in diesem Jahr ein „Wiedereinsteigerprogramm“ für Berufsrückkehrer gestartet.

Neben diesen und anderen innovativen Ideen werden wir nun mit unserem Mexiko-Projekt einen weiteren Weg beschreiten, um Pflegefachkräfte zu gewinnen.

Ziel aller unserer Aktivitäten ist es, den Pflegeberuf attraktiver zu machen und mehr Menschen für diesen tollen Beruf zu begeistern.“

Zurück
Personaldirektor Thomas Hesse